Dazu erläutert Dorothea Frederking, agrar- und tierschutzpolitische Sprecherin der grünen Landtagsfraktion: „Wir fühlen uns dem Tierschutzgesetz verpflichtet, nach dem niemand einem Tier als fühlendes Mitgeschöpf ohne vernünftigen Grund Schmerzen zufügen darf. Dennoch zeigen die aktuellen Haltungsbedingungen, wie sie in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung geregelt sind, dass Tiere in industriellen Tierhaltungsanlagen oft Schmerzen haben. Verletzte Fußballen bei Masthühnern, blutende Wunden und Krusten an den Ohren von Mastschweinen und entzündete Schleimbeutel bei Sauen sind keine Seltenheit. Mit dem Mustererlass soll das derzeitige tierschutzrechtliche Kontrollsystem der Veterinärbehörden um solche Kontrollen ergänzt werden, die systematisch den Schmerzzustand der Tiere erfassen. Ziel ist, Schmerzen bei den Tieren und ihre Ursachen zu beseitigen.“
Frederking weiter: „Gemäß einem einheitlichen Schema bewerten die Behörden die schmerzhaften Beeinträchtigungen, wie zum Beispiel die Wunden an den Fußballen von Masthühnern. Nach einem einheitlichen Reaktionsschema machen die Behörden dann Anordnungen gegenüber den Tierhalter*innen. Die Tierhalter*innen müssen die Tiere tierärztlich behandeln lassen und die Schmerzursachen und tierschutzrechtliche Verstöße beseitigen.“
Vor dem Hintergrund des aktuellen Kontraste-Berichtes in der ARD über grausame Zustände in einer Ferkelzuchtanlage im sachsen-anhaltischen Kleindemsin sieht Frederking im Mustererlass eine Grundlage für tierschutzrechtliche Verbesserungen und mehr Tierwohl: „Der Erlass ist ein rechtssicheres und effizientes Instrument, um Tierleid besser zu erkennen und mehr Tierschutz und Tierwohl durchzusetzen. Praxistests haben gezeigt, dass die Kontrollformulare gut handhabbar sind und sogar zu einer Erhöhung der Kontrolldichte beitragen könnten. Wir werden über den Erlass in Sachsen-Anhalt nun mit Veterinärbehörden, Tierhalter*innen und Tierschutzverbänden ins Gespräch gehen.“
Der Mustererlass inklusive der drei Kontrollformulare für die Tierarten Masthühner, Mastschweine und Sauen finden sich in den Anlagen.
Hintergrund:
Der nun vorliegende Mustererlass soll den amtlichen Veterinär*innen der zuständigen Behörden sowie den Betreiber*innen von Tierhaltungsanlagen ein einheitliches System zur Erfassung von Beeinträchtigungen bei Masthühnern, Mastschweinen und Sauen bieten und klare Vorgaben für die Konsequenzen solcher Feststellungen liefern. Der Erlass sieht ein abgestuftes Reaktionssystem vor, das auf die Häufigkeit und Schwere der Beeinträchtigungen abgestimmt ist. Er macht zudem Vorgaben zur Kontrollhäufigkeit. In der Perspektive soll der Erlass auf alle Tierarten ausgeweitet werden.